Einmal Karate und wieder zurück!

Inspiriert von Flusen und sonstigen Dingen im Kopf, geriet mein Karate immer mehr in die defensive. Ich widmete mich eher der Musik. War auf Konzerten und Festivals. Lernte Stimmbildung und gründete eine Band. Eins der Positiven Dingen in der Zeit war es, dass ich mal fast Geld mit Musik verdient hätte. Das Negative ist, dass die Zeit bis heute seine Spuren spürbar hält. Irgendwann im Jahre 98, bin ich plötzlich wieder beim Training erschienen. Ich weiß noch, dass es ein Mittwoch war. Nobi stellte mich vor. Erstaunlich viele bekannte Gesichter, aber auch sehr viele neue. Ich merkte wie sich Nobis Karate verändert hatte. Bemerkt hatte ich es zuerst an der Stimmung. Nicht das es früher schlecht war, es war halt nur anders, positiver, respektvoller, keine „ich bin besser“ oder „du wicht, dich mach ich fertig“ Mentalität. Insgesamt gastierte ich ca. eineinhalb Jahre beim Training und das konsequent unregelmäßig. Mein Interesse galt offensichtlich anderen Dingen. Ich war nicht wirklich bei der Sache. Musikalisch wurden wir intensiver, besser und erfolgreicher. Die meiste Zeit probten und feierten wir, erweiterten unser Bewusstsein mit Mitteln die es nicht in der Apotheke gab und feilten dabei fortwährend an unserer Karriere. Im Nachhinein weiß ich, dass ich mental noch nicht bereit genug bzw. nicht wieder genug bereit für intensives Karate war. Ich blieb also ein zweites Mal fern. Diesmal lange. Fast zehn Jahre sollten ins Land gehen, bevor ich endlich, endlich ein Herz gefasst habe um meinen Vertrag zu kündigen. Richtig, ich war die ganze Zeit Mitglied geblieben. Ich wollte mir immer ein kleines Hintertürchen zum Karate offen halten. Ich log mir vor, dass ich irgendwann wieder hingehen werde. Den Weg weitergehen. Die Geschichten zum Karate von früher wurden hin und wieder toll verpackt und immer anders großartig erzählt. Es hatte mich aber immer gestört in der Vergangenheit zu sprechen. Nichts ist überflüssiger als sich von einem mehr als 34er BMI` ler erzählen zu lassen, was er früher nicht für ein sportlicher Prügelheld war! Doch was war passiert? Warum jetzt doch aussteigen? Die Tür zumachen? Abgefunden nicht mehr Karate machen zu wollen? Ein Star bin ich nie geworden, jedenfalls nicht für andere. Die Allüren besitze ich zum Teil dafür heute noch. Nein, es war eine Frau. Wie immer! Die liebe meines Lebens. Sie trat so heftig in mein Leben, dass ich mit einigen Dingen von früher brechen musste. Sie heißt Luna und ist jetzt Zweieinviertel. Nobi rief mich nach Erhalt der Kündigung an. Wir haben sehr lange miteinander gesprochen. Nett! Er erzählte mir, dass sich sein Karate nochmals geändert habe. Die Gestaltung des Trainings sei nicht mehr so wie früher. Er riet mir, es sich noch einmal anzuschauen. Wenn es nichts mehr für mich ist, dann ist das dann eben so. Ich bin über dieses Telefonat noch heute sehr dankbar. Es war der Fingertipp den ich gebraucht hatte. Nach Tagelangen hin und her bewegte ich meinen 34´er Hintern nach zehn Jahren im Feb. 2008 zum Training. Alles hatte sich verändert. Nobi hatte Recht. Die Atmosphäre war einfach toll. Der Respekt war da. Es gab keine Konkurrenz. Ich bin warm und wohl aufgenommen worden. Fühlte mich sehr bald dazugehörig. Nach meinem ersten Kumite mit Burki, der sagte ich hätte noch den Blick und das Feuer der alten Nobischule, bin ich wohl richtig angekommen. Solche Aussagen schmeichelten natürlich einem Bühnennarzissten wie mir. Ich fand das neue/andere Karate toll und interessant. Erstaunlich war, wie sehr meine alten Muster von früher noch bestand hatten. In den nächsten zwei Jahren war ich damit beschäftigt klarzukriegen, warum ich jetzt im Gegensatz zu früher Kontinuität, Ehrgeiz und Bereitschaft zeigen konnte. Es waren nicht die Umstände von früher die mich damals schluderig werden ließen, sondern lediglich meine ganz eigene Einstellung. Ich war nicht bereit! Das ist alles. Ganz anders heute. Heute ist meine Einstellung eine ganz andere. Ich habe mich verändert. Ich war bereit diese Tugenden zu leisten. Klingt irgendwie abgedroschen, aber ich fürchte so ist es.