Interview mit unserem Kung Fu Lehrer Timo Stolley über Taiwan und das Kung Fu

Kung Fu

Woran kann ich denn als Laie erkennen, was Kung Fu ist und was es nicht ist? Woran kann ich entscheiden, welche Kunst zu mir passt? Was unterscheidet deiner Meinung nach zum Beispiel Karate und Kung Fu?

„Einem Laien, also „blutigen“ Anfänger, kann man alles als Kung Fu verkaufen. Hier ist das Vertrauen in den Trainer das Wichtige. Wenn man schon etwas gemacht hat, kann man abhängig von dem eigenen Stadium beurteilen, ob das Neue etwas mit Kampf zu tun hat… aber Vorsicht, es kommt immer auf die Art des Kung Fu an, das einem begegnet. Der Name der Stile sagt einem in erster Linie, wo dieser herkommt bzw. aus welcher Schule diese Art und Weise des Umgangs mit Gewalt stammt und vielleicht, womit man sich in diesem Stil schwerpunktmäßig beschäftigt. Manche Stile „arbeiten“ dicht zum Partner, andere eher auf Distanz, vielleicht gehen einige gradlinig aktiv auf den Partner zu, während andere Stile eher mit ausweichenden Bewegungen arbeiten. Nur weil vielleicht ein anderes Prinzip oder eine andere Auffassung von Kämpfen praktiziert wird, als man vorher kannte, ist das noch kein Maßstab ob das Gut, Schlecht, „richtiges Kung Fu“ oder „Falsches“ ist. Man sollte als Anfänger mehrere Stile ausprobieren. Bei irgendwas muss man ja anfangen. Dann merkt man, was zu einem passen könnte, welche Bewegungen einem liegen. Mit der Zeit können sich die Bedürfnisse verändern. Einige suchen dann neue Herausforderungen, andere bleiben lieber bei dem Gewohnten. Meiner Erfahrung nach kommt es auf Kleinigkeiten an. Oftmals spielt bei der Entscheidung für oder gegen einen Stil auch eher die eigene Vorstellung / die eigene Illusion eine große Rolle. Dann suchen die Schüler, was magisch-esoterisches und verleihen dem eher einen Klang durch Begriffe wie „authentisch“, „traditionell“, „original“, „echt“ usw. Früher oder später setzt bei dem meisten eine geistige Entwicklung ein. Dass ist dann der Punkt an dem sich die Spreu vom Weizen trennt. Der Schüler reflektiert, was er eigentlich mit Kampfkunst machen möchte und misst das getan, gesehen und erlebte daran. Einige wollen sich wohlfühlen. Super, wenn sie ihr Ziel erreichen, dann gibt es einen glücklichen Menschen mehr. Einige möchten das aus Gesundheitsgünden machen. Auch gut. Wieder andere nennen Selbstverteidigung als Grund, während andere gleich sagen dass sie Kampfkunst machen möchten – alles fein! Solange man nach einer gewissen Zeit reflektiert und für sich weiß, was man machen möchte. Jeder steckt sein Bereich ab. Es nervt nichts mehr als Menschen, die sagen, dass sie Kampfkunst machen und sich eigentlich nur aus Wohlfühl-Gründen bewegen und jegliche körperliche Konfrontation ablehnen. Nein, wenn jemand den Anspruch hat, Kampfkunst zu machen, muss er sich auch den Kampf praktizieren. Ob erfolgreich oder nicht, sei jetzt mal dahingestellt. Ob Karate oder Kung Fu? Auch das muss jeder für sich ausprobieren. Auch Karateschulen/-stile sind nicht alle gleich. Grundsätzlich hat der Mensch nur zwei Arme und zwei Beine, die er einsetzen kann. Insofern ist Karate, Kung Fu, Taekwondo oder was es sonst noch gibt, alles das Gleiche. Es geht darum, sich in einer körperlichen Konfrontation zu behaupten. Wie man das macht, auf welche Art und Weise, da unterscheiden sich die Stile und dann gibt’s in den einzelnen Stilen zusätzlich noch Unterschiede in den Lehransätzen oder der Lehrmethode. Ich habe zum Beispiel damals mit dem Stil der südlichen Gottesanbeterin angefangen. Und wenn man im Internet guckt, findet man auf jeden Fall ein paar große, weit verbreitete Schulen, die den Stil unterrichten. Die haben aber nicht unbedingt etwas miteinander zu tun. Die Techniken sind in den Schulen oftmals die gleichen, aber die Ausführung der Technik und die Intention, wie diese genutzt wird, die kann sich stark unterscheiden.“